Max von Moos-Förderpreis 2014
An der Vernissage der Werkschau der Hochschule Luzern – Design & Kunst wurde am
20. Juni Corina Schaltegger für ihre Arbeit «Nord’s Wachstum» der Preis der Max von Moos-Stiftung
übergeben.
Die 24-jährige Corina Schaltegger, die ursprünglich aus dem Kanton St. Gallen kommt, wohnt in der Nähe einer der grössten Baustellen der Zentralschweiz: Am Seetalplatz in Emmen werden umfassende Arbeiten für die Verkehrsregelung und den Hochwasserschutz durchgeführt. Als Anwohnerin ist Corina Schaltegger unmittelbar vom Lärm, Staub und den Verkehrseinschränkungen betroffen. Eineinhalb Jahre lang hielt sie mehrmals wöchentlich von ihrem Fenster aus die Bauarbeiten in kurzen Videosequenzen ohne Ton fest. Diese gewähren dem Betrachter verschiedene stille Momentaufnahmen von der Grossbaustelle und zeigen die tiefgreifenden Veränderungen an der Mündung von Kleiner Emme und Reuss. «Die Bewegungen der Bagger oder die beleuchteten Gleisarbeiten bei Nacht wirken wie Bühnenaufführungen. Ich wollte mit meinen Fenster-Beobachtungen einen Ausschnitt dieser im Umbruch stehenden und beeindruckenden Szenerie zeigen», erklärt Corina Schaltegger. Für ihren Blick auf die Grossbaustelle erhielt die Künstlerin anlässlich der Vernissage der Werkschau Design & Kunst 2014 der Hochschule Luzern den Förderpreis der Max von Moos-Stiftung. Mit dem Preis in Höhe von 5’000 Franken wird jeweils eine Persönlichkeit ausgezeichnet, die eine überzeugende und eigensinnige Abschlussarbeit entwickelt hat, in der sich jene Werte ausmachen lassen, die auch die künstlerische Arbeit des Luzerner Malers und Grafikers Max von Moos bestimmt haben. Die Laudatio an der Preisverleihung hielt Stiftungspräsident Stefan Schulz.
Nord's Wachstum, Ausstellungsansicht Garage Fuchs
Laudatio:
Die Max von Moos-Stiftung vergibt in diesem Jahr zum fünften Mal den Förderpreis im Betrag von CHF 5000.– an eine Master-Studienabgängerin oder einen Studienabgänger in Fine Arts
der Hochschule Luzern, Design & Kunst, mit dem Schwerpunkt Kunst im öffentlichen Raum.
Die Jurierung fand am 12. Juni in Luzern und Emmenbrücke statt, nämlich entlang der Achse Baselstrasse vom Kasernenplatz bis zum Seetalplatz. Während eines Tages stellten die Studierenden ihre Abschlussarbeit vor. Die Jury bestand aus, den Stiftungsratsmitgliedern Gabriela Christen, Christoph Lichtin sowie aus mir, dem Präsidenten der Stiftung.
Allgemein ist uns aufgefallen, dass die Wahl für die spezifischen Orte und Themen, die als Ausgangspunkt der Arbeiten dienten, gut getroffen wurde. Der diesjährige Ort, mit einer stark befahrenen Achse am Stadtrand von Luzern, ist vielleicht einer der ungewöhnlichsten. Viele Bewohnerinnen und Bewohner von Luzern halten ihn weniger für einen Ort als einen Unort. Mit ihren Arbeiten haben die Studierenden jedoch gezeigt, was für ein vielfältiges, dichtes, junges und unbekanntes Territorium sich entlang von Strassen, Fluss und dichtem Verkehr gegen Norden erstreckt.
Die Preisträgerin Corina Schaltegger lebt und arbeitet bei einer der grössten Baustellen der Schweiz, der Umgestaltung des Seetalplatzes, mit einer neuen Verkehrsführung, Hochwasserbauten und neuen Brücken. Genauer gesagt, sie lebt über dieser Baustelle, im achten Stock des Hochhauses, das am Zusammenfluss von Reuss und kleiner Emme liegt. Hier beobachtet sie nun seit Monaten, wie Erde umgepflügt, Bäume abgeholzt werden und, wie Baumaschinen beinahe täglich ihr nächstes Umfeld verändern.
»Nord‘s Wachstum«, der Titel ihrer künstlerischen Arbeit, erinnert natürlich an die Mordsbaustelle, an den Lärm, Gestank, die Hässlichkeit, die Umstände, die eine solche Grossbaustelle mit sich bringt. Aus einer doppelten Motivation, der persönlichen Betroffenheit und der Faszination für die gleichzeitige Gewalttätigkeit und Schönheit der Baustelle hat die Künstlerin ihre Arbeit entwickelt. Aus ihrer Wohnung filmt sie die Baustelle in kurzen Sequenzen, sie beobachtet die wendigen Bagger bei ihrem Ballett, filmt einen Samichlaus, der auf seinem Arbeitsweg die Baustelle durchquert, beobachtet die Dämmerung und anschliessend das nächtliche Lichtermeer, wenn die Ruhe der Nacht einkehrt.
Kunst ist ihr ein Mittel, diese Umwelt zu bewältigen und zu verwandeln. Indem sie sich mit ihrer Kamera der Bilder bemächtigt, die diese Baustelle hervorbringt, schafft sie Kunst aus Leben. Diese Bilder sind nun auf Monitoren im Quartier, im nächsten Umfeld ihrer Umgebung zu sehen. In Schaufenstern und Vitrinen macht Corina Schaltegger ihre filmischen Beobachtungen der Bevölkerung zugänglich und zeigt damit eine Kraft der Kunst auf: Nämlich durch den künstlerischen Blick einen neuen Zugang zur Welt schaffen, und den persönlichen Blick in eine künstlerische Arbeit von hoher Präsenz zu verwandeln.
Stiftung Max von Moos
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